Außergewöhnliche Stücke ausgewählt : „Schweinerei“ kommt beim Publikum gut an

AACHEN Reinmar Neuner hat für das Weihnachtskonzert des Aachener Kammerorchesters wieder außergewöhnliche Stücke ausgewählt

Dass, was Maria Louisa, Ehefrau Kaiser Leopolds II., laut Überlieferung 1791 als „deutsche Schweinerei“ bezeichnet haben soll, kam beim Publikum im Krönungssaal gut an. Das Aachener Kammerorchester hatte zum Weihnachtskonzert geladen und dafür in gewohnter Manier Stücke ausgewählt, die gemeinhin nicht ganz so geläufig sind.

An erster Stelle stand Wolfgang Amadeus Mozart mit „La Clemenza di Tito (Titus), Ouvertüre KV 621. Die oft eigenwilligen Stimmungswechsel in dieser Oper haben Maria Louisa offensichtlich nach der Uraufführung in Prag zu dieser harschen Kritik veranlasst. Den Zuhörern im gut besetzten Krönungssaal dagegen gefiel die Darbietung am Samstagabend ganz besonders gut.

Ebenso wie die „Sinfonia concertante für Violine, Viola und Orchester Es-Dur KV 364“. Die Solisten Stephan Picard (Violine) und Tom Morrison (Viola) bekamen hier ausgiebig Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen, und das Publikum dankte es ihnen und dem Orchester mit lang anhaltendem Applaus.

Stephan Picard ist in Aachen kein Unbekannter, denn er war von 1988 bis 1991 1. Konzertmeister des Städtischen Orchesters Aachen. Tom Morrison ist Mitbegründer des „Neue Musik Ensembles Aachen“ und war zuvor Solo-Bratschist im Sinfonie-Orchester Aachen. Beide überzeugten das Publikum mit ihrem Spiel. Zu den Besonderheiten der dargebotenen „Sinfonia concertante“ zählt laut Programmheft die Art, wie Mozart im Orchester auf die unterschiedlichen Soloinstrumente eingeht: „Schon im Eingangssatz wird bei gleichen Melodien die Bratsche von tiefen Streichern begleitet, die Violine dagegen von hohen Streichern ohne Bass.“

Musik aus vier Jahrhunderten

Volker David Kirchner (geb. 1942) soll einmal gesagt haben, dass er Musik aus vier Jahrhunderten in sich trage. In seinen Bildnissen I für Orchester von 1981/82 zentriert er sich mit „Idyll“ auf eine Hommage an Schubert. Und nachdem sich das Kammerorchester dieser Annäherung an Schuberts „Unvollendete“ gewidmet hatte, wandten sich die Musiker im Anschluss direkt Franz Schuberts Original-Unvollendete, der „Sinfonie Nr. 7 h-moll D759, zu. Erst 37 Jahre nach Schuberts Tod erlebte dieses Werk seine Uraufführung und feierte dabei einen sensationellen Erfolg. Seit diesem Tag sei Schuberts „Siebte“ klassisches Allgemeingut, heißt es im Programm. Und das, obwohl hier immer wieder ungewohnte Klangwelten aufeinanderprallen: Wahnsinn gegen Walzerlastigkeit, Fortissimo gegen Pianissimo.

Reinmar Neuner, Leiter des Aachener Kammerorchesters, hat mit der Auswahl der Musik für das Weihnachtskonzert offensichtlich auch diesmal wieder ins Schwarze getroffen. Gerne nimmt Neuner selten aufgeführte Werke sowie Kompositionen des 20. Jahrhundert ins Programm und setzt damit einen eigenen Akzent im Aachener Kulturangebot.

Das gesamte Konzert wurde am zweiten Adventssonntag, in St. Donatus in Brand wiederholt.

Aachener Zeitung, 9. DEZEMBER 2018 UM 16:03 UHR