Das Aachener Kammerorchester unter der Leitung von Reinmar Neuner begeisterte mit seinem Weihnachtskonzert im Krönungssaal.
AACHEN. Mittlerweile 40 Jahre begeistert das Aachener Kammerorchester die Liebhaber klassischer Musik in Aachen. Diese Begeisterung war jetzt erneut im Krönungssaal zu bemerken. Ein höchst unterhaltsames und sehr anspruchsvolles Programm hatte das Orchester für sein diesjähriges Weihnachtskonzert zusammengestellt.
Wolfgang Amadeus Mozarts Ouverture zu seiner Oper „Così fan tutte“ gehört zu den Werken, die so manches Orchester als Zugabe immer im Repertoire hat. Mit einem schönen Solo-Oboenklang zu Beginn, klaren Läufen in den Holzbläsern und einer eingängigen Mozart-typischen Motivik konnte das Orchester bei diesem so tänzerischen und leichtfüßigen Werk überzeugen. Es folgt ein Flötenkonzert des hierzulande eher unbekannten französischen Komponisten Jacques Ibert, der von 1890 bis 1962 lebte. Ibert, der sich zu Beginn seines Schaffens noch an Richard Wagner und Claude Debussy angelehnt hatte, wechselte während seines Leben immer deutlicher zum Neoklassizismus.
Vor allem Unterhaltung
Dennoch blieb er ein französischer Komponist, der mit seiner Musik in erster Linie unterhalten wollte. Das ist auch im Flötenkonzert der Fall, auch wenn das Werk in seinen drei Sätzen mit ungewohnten Harmonien zu spielen versteht. Besonders herausragend war der zweite Satz, der ganz anders als der erste langsam, ruhig und in sich getragen begann. Die Parallelen zur Elegie, die immer wieder in dem Stück gesehen wurde, waren unüberhörbar. Jeden Ton schien Solistin Alja Velkhaverh festhalten zu wollen. Der dritte Satz hingegen übernahm den tänzerischen Charakter des ersten, allerdings deutlich „bäuerlicher“, deutlich „derber“, ohne jedoch ganz die Eleganz und Grazie zu leugnen, die Ibert im ersten Satz aufbaute. Eine eindrucksvolle Kadenz und eine spaßiger Schluss, der sogar Dirigent Reinmar Neuner zu einem kleinen Hüpfer animierte, rundeten vor der Pause den ersten Teil des Konzertes ab.
Nach der Pause folgte Beethovens siebte Sinfonie. Das Stück, das Beethoven, schon stark durch seine Schwerhörigkeit beeinträchtigt, schrieb, wurde am 8. Dezember 1813 bei einem Benefizkonzert zugunsten antinapoleonischer Kämpfer unter Beethovens Dirigat uraufgeführt. Insbesondere der zweite Satz „Allegretto“ findet bis heute Verwendung in Film- und Fernsehproduktionen. Mit seinem schon fast tänzerisch wirkenden ersten Satz „Poco sostenuto“ lehnte sich das Stück an die vorgehenden Werke an. Für Hector Berlioz und Richard Wagner galt dieser Satz als „der Tanz an sich“.
Der Vergleich zur Marienprozession im zweiten Satz ist vollkommen angemessen. Schreitend und einprägsam entwickelt sich die Hauptmelodie, die sich gegen Schluss erst kraftvoll vorwärtsdrängend und schließlich in einem von den Streichern höchst präzise gespielten Pizzicato wiederfand. Auch beim dritten Satz „Presto – assai meno presto“ lässt sich nicht bestreiten, was Komponist Robert Schumann bereits feststellte, nämlich, dass der Schluss so klänge, als würde der Komponist „die Feder ordentlich wegwerfen.“
Der letzte Satz schließlich ist ein Meisterwerk an sich. Die eindringlichen Sechzehntel und schnellen Tonwiederholungen lassen den Satz zu einem anstrengenden Werk für die Musiker werden, nicht nur geistig, sondern auch körperlich. Das Publikum bekam davon aber gar nicht so viel mit, denn angestrengt klang das Orchester nie. Einen überragend guten Schluss arbeiteten die Musiker und der Dirigent aus und wurden nach 90 Minuten vom Publikum mit viel Applaus belohnt.
Von: Eva Onkels
Aachener Zeitung, 7. Dezember 2016