Aachen. Dass das Aachener Kammerorchester für sein traditionsreiches Weihnachtskonzert bedenkenlos zu den filigransten Meisterwerken des klassisch-romantischen Repertoires greifen kann, spricht für das hohe Spielniveau des jugendlich besetzten Ensembles und damit auch für die glänzende Arbeit von Reinmar Neuner, der seit fast 30 Jahren die Geschicke des Orchesters mit entsprechendem Geschick leitet. So auch in diesem Jahr im wiederum gut besuchten Krönungssaal des Aachener Rathauses.
Franz Schuberts Sinfonie Nr. 6, die „kleine“ C-Dur-Symphonie des Meisters: Ein federleicht schwingendes Werk von gelöster Heiterkeit, angereichert mit sprudelndem Rossini-Brio. Spieltechnisch und klanglich eine große Herausforderung für ein semi-professionelles Orchester. Neuner schlug Tempi an, die die vielen heiklen Finessen auch der Mittelstimmen im akustisch nicht gerade idealen Krönungssaal in erfreulicher Transparenz hörbar werden ließen. Der letzte Schliff an Rossinischem Feuer blieb zwar aus, dafür wurde die Nähe Schuberts zum heimischen Tanzboden umso deutlicher. Eine etwas gemütliche Gangart, die durch die Zugabe aus Schuberts „Rosamunde“ noch verstärkt wurde.
Zum Auftakt ging es mit Mozarts origineller „Serenata notturna“ fast noch feingliedriger los. Drei kontrastreiche Sätze, angelegt als Sinfonia Concertante mit einem Solisten-Quartett, dem erhebliche virtuose Fähigkeiten abverlangt werden, fügen sich zu einer der charmantesten Unterhaltungsmusiken des jungen Mozart. Auch hier konnte das Kammerorchester trotz der hohen Ansprüche an Klangkultur und Spieltechnik überzeugen. Das Menuett betonte Neuner etwas schwerfällig, was dem rundum saubereren Vortrag jedoch keinen nennenswerten Abbruch tat. Allerdings gerät der Klang des Orchesters in Forte- Regionen an die Grenze kontrollierter Durchhörbarkeit. Auch wenn Neuners Bemühen um dynamische Kontraste musikalisch berechtigt ist, weist der Krönungssaal Grenzen auf, die berücksichtigt werden sollten. Als Solist konnte diesmal der ungarische Gitarrist Csaba Székely gewonnen werden, der mit dem „Concierto de Aranjuez“ von Joaquin Rodrigo einen besonders populären Ohrwurm im Gepäck hatte. Der Aachen seit langem verbundene Musiker enttäuschte das Publikum nicht, und Reinmar Neuner gab ihm mit seiner dezenten Begleitung den nötigen Freiraum, um die langen Elegien des beliebten Adagios ungestört entfalten zu können. Viel Beifall für ein rundum gelungenes Konzert in hörbarer Nähe zum turbulenten Weihnachtsmarkt.
VON PEDRO OBIERA
Aachener Zeitung, 09. Dezember 2012