Kammerorchester begeistert mit Brahms

Zwei gewaltige Klangwerke bilden den rechten Rahmen für „Sechs Monologe aus Jedermann“

 Aachen. Ein verregneter Samstagabend mitten im Sommer – passender könnte der weltliche Rahmen für ein von warmem Pathos und schwerer Melancholie geprägtes Klassikabenteuer kaum sein…

Mit der „Tragischen Ouvertüre“ von Johannes Brahms hielt gleich das ganz große melancholische Pathos Einzug im Ballsaal des alten Kurhauses. Der einzigartige Raum konnte einmal mehr mit dem Reiz seines Ambientes zahlreiche Klassikfreunde, darunter auch viele Kinder, anlocken. Von Dirigent Reinmar Neuner freundlich begrüßt, gingen die Gäste mit dem Orchester auf klanggewaltige Entdeckungsreise.

David-PichlmaierFür den zweiten Programmpunkt teilte sich R. Neuner die Bühnenfront nur zu gern mit David Pichlmaier. Dass schauspielerisches Talent für einen kammermusikalischen Bariton nur zuträglich sein kann, bewies der Münchener bei seiner Interpretation von Frank Martins „Sechs Monologen aus Jedermann“ aus dem Jahr 1943. Flehen, Fürchten, Beklemmung, Sinnsuche – Pichlmaier wagte sich gemeinsam mit dem Orchester in aufregende Klang- und Gefühlswelten – und das erfolgreich, wie der tosende Applaus bewies.

Ein lachendes Gegenstück

Im zweiten Teil des Programms warf Aachens herausragende Kammermusik-Formation ihren Blick aus einer gänzlich anderen Perspektive auf das Werk eines der größten Komponisten des 19. Jahrhunderts. Brahms selbst interpretierte seine zweite Sinfonie als „lachendes“ Gegenstück zur ersten. Tatsächlich gestaltet sich der Zugang erheblich leichter, ohne die angenehm verstörende Schwere gänzlich zu vernachlässigen. Auch hier sprach der tosende Schlussapplaus Bände für den Auftritt und die Interpretation der vielköpfigen Formation, die von Reinmar Neuner zielsicher durch die kompositorischen Fahrwasser gelenkt wurde.

VON ALEXANDER BARTH
Aachener Zeitung, Juli 2011